Das gemeinsame Auto bei Trennung und Scheidung - Wer darf es fahren?
Bei einer Trennung und der Scheidung stellt sich neben den finanziellen Überlegungen gern auch die Frage, wem das Familienauto eigentlich gehört und wer es zu romantischen Ehezeiten genutzt hat. Davon hängt ab, ob das Auto ein Haushaltsgegenstand ist, oder ob es in den Zugewinn eines oder beider Ehegatten fällt. Wer also das Fahrzeug nach einer Trennung und sodann nach einer Scheidung nutzen kann, für die Nutzung gegebenenfalls ein Ausgleich zu zahlen ist, was bei der der Kfz-Versicherung, insbesondere bei dem Schadensfreiheitsrabatt zu beachten ist, erfahren Sie im Folgenden.
1. Wer ist Eigentümer des Autos?
Hat ein Ehegatte das Kraftfahrzeug während der Ehezeit allein finanziert und den Kaufvertrag allein unterzeichnet, so steht in der Regel in seinem Alleineigentum. Haben beide Ehegatten den Kaufvertrag unterzeichnet, so besteht an dem Fahrzeug im Regelfall Miteigentum.
Bei Autokrediten- oder Leasingverträgen, befindet sich das Fahrzeug im Besitz desjenigen Ehegatten, der den Kauf- und Finanzierungsvertrag abgeschlossen hat. Das Fahrzeug geht mit der vollständigen Tilgung des Kredits in sein Eigentum über.
Über die Eigentumsverhältnis des Wagens entscheidet nicht allein der Fahrzeugbrief: Es sind eine Reihe von Umständen.
Das Eigentumsverhältnis ist für die Beurteilung der rechtlichen Qualität des Fahrzeugs entweder als Haushaltsgegenstand oder Vermögen im Zugewinn entscheidend.
2. Wann ist das Auto ein Haushaltsgegenstand?
Nach der Rechtsprechung des BGH sind Haushaltsgegenstände alle beweglichen Gegenstände, die nach den Vermögens- und Lebensverhältnissen der Ehegatten und deren Kinder für die Wohnung, den Haushalt und das Zusammenleben bestimmt sind und somit der gemeinsamen Lebensführung dienen (BGH FamRZ 1984,144).
Nach dem BGH gilt der Grundsatz, dass die Einordnung eines Autos als Haushaltsgegenstand die Ausnahme ist (BGH FamRZ 1992, 538).
Ein Ausnahmefall liegt bei den folgenden Arten der Benutzung vor:
- gemeinsame Familieneinkäufe (Einkaufsfahrten, Einkäufe der Familie)
- Freizeitgestaltung
- Familienausflüge (Wochenendausflüge, Urlaubsfahrten)
- Betreuung der Kinder (Schule, außerschulische Aktivitäten).
Demnach scheidet die Qualifizierung des Autos als Haushaltsgegenstand aus bei:
- Anschaffung als Kapitalanalage
- beruflicher Nutzung (Fahrten zum Arbeitsplatz)
- Anschaffung nach Trennung.
Ist nur ein Auto vorhanden und wurde es zumindest auch für die Familie genutzt, so ist es ein Haushaltsgegenstand. Ebenfalls handelt es sich um einen Haushaltsgegenstand bei einem Zweitwagen, den beide Ehegatten benutzen und der den familiären Zwecken dient.
Demgegenüber handelt es sich um Zugewinnvermögen, wenn zwei Fahrzeuge vorhanden sind, von denen jeder Ehegatte einen allein gefahren hat.
Wichtig ist, dass das Familienauto Haushaltsgegenstand ist.
3. Wer darf das Fahrzeug während der Trennungszeit nutzen?
Wie die Nutzung des im Miteigentum stehenden Autos zu regeln ist, ergibt sich aus § 1568b Absatz 1 BGB. Die Einteilung der Hausratsgegenstände und damit die des Fahrzeugs wird wie folgt geregelt:
Jeder Ehegatte kann verlangen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die im gemeinsamen Eigentum stehenden Haushaltsgegenstände überlässt und übereignet, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder dies aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.
Bei Fahrzeugen ist folgendes zu beachten:
Das Nutzungsrecht an dem Fahrzeug während der Trennungszeit bis zur Scheidung steht in der Regel demjenigen Ehegatten zu, der dringender darauf angewiesen ist, was oftmals derjenige Ehegatte ist, bei dem die Kinder leben und er das Fahrzeug im Rahmen der familiären Versorgung benötigt. Die Zuweisung des Fahrzeugs kann also auch an den Nichteigentümer erfolgen.
In der Trennungszeit kommt es rechtlich vorrangig auf das benötigen des Pkw zur Führung eines eigenständigen Haushalts an.
4. Wer darf das Familienauto nach der Scheidung behalten?
Das im Miteigentum stehende Fahrzeug ist nach der Scheidung an den Ehegatten herauszugeben, der auf die Nutzung des Pkw unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten im stärkeren Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte, oder dies aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht (§ 1568b Abs. 1 BGB). Die Fahrzeugüberlassung wird wohl insbesondere dann zu bejahen sein, wenn mangels öffentlicher Verkehrsmittel keine andere Möglichkeit besteht, sie zu Kindergarten, Schule, Sport usw. zu bringen.
Hier gilt also:
- das Fahrzeug wird dem Ehegatten nach § 1568b BGB gegen eine angemessene Ausgleichszahlung nach § 1568b Abs. 3 BGB überlassen oder
- das Fahrzeug wird als Zugewinnausgleichsposten behandelt, der dann über die Gesamtbilanz des 1378 Abs. 1 BGB hälftig auszugleichen ist.
5. Steht dem Ehegatten ein Ausgleich für die Nutzung zu?
Wird das Fahrzeug von einem Ehegatten benutzt, steht dem überlassenden Ehegatten eine angemessene Benutzungsvergütung zu (§ 1361a Abs. 3 S.2 BGB).
In der Rechtsprechung wird die Vergütung unterschiedlich gehandhabt. Zum Teil wird der Zinsverlust bzw. der Zinsvorteil herangezogen, den der überlassende Ehegatte bei längerfristiger Anlage des Fahrzeugswerts erzielt hätte (OLG Koblenz FamRZ 1991, 1302,1303). Im Übrigen wird auf die zum Dienstwagenvorteil entwickelten Grundsätze zurückgegriffen. Der Nutzungswert wird geschätzt. Dabei sind die wirtschaftlichen Verhältnisse wie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Nutzers des Kraftfahrzeugs zu berücksichtigen, insbesondere ob ihm die Nutzung des Fahrzeugs aufgedrängt wurde und das Fahrzeugmodel gegebenenfalls seinen Verhältnissen/Bedürfnissen entspricht (KG FamRZ 2010,1474).
6. Wann ist das Fahrzeug als Vermögen im Zugewinn zu betrachten?
Sofern das Fahrzeug rechtlich nicht als Haushaltsgegenstand qualifiziert wird, so wird es als Zugewinnvermögen behandelt. Die Zuordnung im Rahmen der Vermögensauseinsetzung ist unproblematisch.
Besteht Alleineigentum gehört es zum Endvermögen des Ehegatten.
Wenn das Auto im Miteigentum der Ehegatten steht, wird es in der Regel je hälftig in das Endvermögen der Ehegatten einbezogen.
Maßgeblich ist grundsätzlich der Wiederbeschaffungswert. Dieser entspricht dem Geldbetrag, der für den Erwerb eines gleichwertigen gebrauchten Fahrzeugs aufzuwendenden wäre. Bei der Ermittlung kann die sogenannte Schwackeliste herangezogen werden. Hieraus kann der Veräußerungswert abgelesen werden, um sodann über einen Aufschlag von 15-25% (Palandt/Grüneberg, § 249 BGB, Rn.16) für die Differenz zum Händlerpreis den Wiederbeschaffungswert zu ermitteln.
Für ein Fahrzeug im Anfangsvermögen kann das Gericht den Mindestwert nach § 287 ZPO für den Fall schätzen, wenn sich die Werte nicht mehr ermitteln lassen (OLG Hamm FamRZ 2012, 31).
Im Übrigen besteht für die Wertermittlung auch die Möglichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens.
7. Welchem Ehegatten gehört der Schadensfreiheitsrabatt?
Wenn das Familienauto während der Ehe von einem Ehegatten gefahren und auf den Namen des anderen Ehepartners versichert, erlangt automatisch der Versicherungsnehmer auf Grund des mit ihm bestehenden KFZ-Versicherungsvertrags den sogenannten Schadensfreiheitsrabatt. Wer dann nach der Trennung ein anderes Fahrzeug auf den eigenen Namen zulässt, hat keinen Schadensfreiheitsrabatt und muss in der Regel mit hohen Kfz-Versicherungskosten rechnen.
Liegen familienrechtliche als auch versicherungsrechtliche Voraussetzungen vor, kann der Ehegatte einen Anspruch auf Übertragung des Schadensfreiheitsrabatts haben. Hierzu führt das Oberlandesgericht Hamm in seinem Beschluss vom 13.04.2011, Az.: WF 105/11, wie folgt aus:
„Gemäß § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB kann die Rechtspflicht der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft und zur Verantwortung füreinander dazu führen, dass ein Ehegatte verpflichtet sein kann, den vom anderen tatsächlich erzielten Schadensfreiheitsrabatt einer Kraftfahrzeugversicherung im Falle der Trennung auf den anderen rechtlich zu übertragen.“
Allerdings besteht ein solcher Anspruch auf Übertragung des Schadensfreiheitsrabatts nur dann, wenn der anspruchsstellende Ehegatte das Fahrzeug ausschließlich allein genutzt hat. Dieser Übertragungsanspruch entfällt also, wenn der Ehepartner, der die Kfz-Versicherung unterhalten hat, das Fahrzeug – auch wenn nur – gelegentlich genutzt hat.
Die Übertragung ist aber nur in dem Umfang möglich, in dem der begünstigte Ehegatte den Schadensfreiheitsrabatt selbst erhalten kann.
8. Wann besteht ein Herausgabeanspruch wegen des Familienautos?
Ist das Fahrzeug ein Haushaltsgegenstand, kann der das Familienauto nutzende Ehegatte gegen den Eigentümer ein Anspruch auf Herausgabe haben. Gleiches gilt wenn das Familienauto im Miteigentum beider Ehegatten steht. Der Anspruch folgt aus § 1361 a BGB.
Nach Rechtskraft der Scheidung kann das im Miteigentum stehende Familienauto als Haushaltsgegenstand nach Paragraf 1568 B Abs. 1 BGB herausverlangt werden.
Der Ehegatte hat nicht nur einen Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs per se, sondern auch auf Herausgabe des Kfz-Briefs, der Zulassungsbescheinigung, der Nummernschilder, Schlüssel und Zweitschlüssel. Aber auch das Zubehör wie Winterreifen, unterliegt dem Herausgabeanspruch (LG Köln, Urteil vom 23.6.2017, Az 3 O 280/16, juris).
9. Fazit vom Rechtsanwalt für Familienrecht
Das Kraftfahrzeug kann bei Trennung und Scheidung schnell einen Streit entfachen. Ob Sie das im Streit stehende Fahrzeug nach Trennung bzw. Scheidung weiterhin behalten und nutzen können oder herausgeben müssen, hängt zum einen von den Eigentumsverhältnissen und zum anderen von der rechtlichen Qualifikation des Fahrzeugs als Haushaltsgegenstand oder Zugewinnvermögen ab. Das Familienauto ist dabei Haushaltsgegenstand. Der Nichteigentümer-Ehegatte kann in der Trennungszeit das Fahrzeug nutzen, wenn er es auch zu Ehezeiten nutzen durfte
Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht stehen wir Ihnen bei allen Fragen betreffend das Kraftfahrzeug zur Seite. Sprechen Sie uns gerne an – wir sind Ihr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht in Hannover.