Eingliederungsvereinbarung bei Hartz 4 bzw. ALG 2
Häufig lange bevor der erste Euro ALG 2 geflossen ist, laden die Jobcenter Hilfebedürftige ein, um mit Ihnen eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Häufig berichten Hilfebedürftige mir, sie würden damit bedroht werden, dass das Jobcenter keine Leistungen auszahlt, wenn eine solche Eingliederungsvereinbarung nicht unterschrieben wird.
Als auf Hartz 4 bzw. ALG 2 spezialisierter Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht kläre ich mit diesem Beitrag die wichtigsten Fragen bezüglich Eingliederungsvereinbarung.
Inhalt der Eingliederungsvereinbarung gemäß § 15 SGB II
Für den Inhalt der Eingliederungsvereinbarung gilt nach § 15 Abs. 2 SGB II folgendes: In der Eingliederungsvereinbarung soll bestimmt werden,
welche Leistungen zur Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit nach diesem Abschnitt die leistungsberechtigte Person erhält,
welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen sollen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind,
wie Leistungen anderer Leistungsträger in den Eingliederungsprozess einbezogen werden
die Eingliederungsvereinbarung kann insbesondere bestimmen, in welche Tätigkeiten oder Tätigkeitsbereiche die leistungsberechtigte Person vermittelt werden soll.
Als Hartz 4-Empfänger sollten Sie darauf drängen, dass bestimmte Tätigkeiten oder Tätigkeitsbereiche aufgenommen werden. Das Jobcenter muss sich mit diesem Wunsch auseinandersetzen. Die Eingliederungsvereinbarung soll einvernehmlich geschlossen werden. Das nahezu kommentarlose Übersenden per Post mit der Bitte um Unterschrift und Rücksendung dürfte das nicht erfüllen.
Potenzialanalyse bzw. Profiling als Voraussetzung einer EGV
Vor dem Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung muss sich das Jobcenter mit den Stärken und Schwächen des hilfebedürftigen Hartz 4-Empfängers beschäftigen. Die Basis für die Eingliederung des des erwerbsfähigen Hartz 4-Empfängers sind:
die individuell festgestellten Fertigkeiten und Kompetenzen, z.B. Ausbildung, Talente
die persönlichen Verhältnisse der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person, familiäre Situation, Kinderbetreuung, mögliche Arbeitszeiten, Erwerbsfähigkeit
die Durchführung einer individuelle Einschätzung, die die Grundlage der Integrationsprognose für die Vermittlung und Beratung sowie den Einsatz von Eingliederungsleistungen bildet.
Es muss dem Jobcenter klar sein, was die hilfebedürftige Person kann, und was nicht. Ohne Potenzialanalyse kann eine Eingliederungsvereinbarung nicht wirksam zustande kommen. Ist das Profiling nicht dokumentiert, ist das ein starkes Signal dafür, dass es nicht stattgefunden hat.
Eingliederungsleistungen – Inhalte der EGV
Die in der EGV getroffenen wechselseitigen Verpflichtungen müssen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Ein Missverhältnis bzw. Ungleichgewicht kann zur Nichtigkeit der EGV führen.
In der EGV soll regelmäßig konkret bestimmt werden, welche Leistungen des JC die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person zur Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit erhält Sie sind individuell und eindeutig unter Benennung der für die Gewährung maßgeblichen Gründe verbindlich aufzunehmen. Eingliederungsleistungen können sein:
konkrete Eingliederungsmaßnahme: insbesondere der Träger, der Ort, die Dauer, sonstige Pflichten, übernahmefähige notwendige Kosten, etc. aufzunehmen (Angebot per EinV).
Arbeitsgelegenheit: Art der Tätigkeit, der Tätigkeitsort, der zeitliche Umfang, die zeitliche Verteilung und die Höhe der Mehraufwandsentschädigung zu bestimmen.
die grundsätzliche Teilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme: auf die Bedeutung und geplante Ausgestaltung der Eingliederungsmaßnahme hinzuweisen.
als Eingliederungsleistungen kommen in Betracht Führerschein, Umschulung, Bewerbungstraining.
Leistungen aus dem Vermittlungsbudget nach § 44 SGB III,
Maßnahmen zur Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB III,
Kommunale Eingliederungsleistungen nach § 16a oder
freie Förderung nach § 16f.
Die Leistungen zur Eingliederung stellen die Pflichten des Jobcenter im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung dar.
Eigenbemühung des Hilfebedürftigen in der EGV-Kostenerstattung
Die Eingliederungsvereinbarung soll daneben beschreiben, welche Bemühungen die erwerbsfähige leistungsberechtigt Personen in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind. In der Praxis lassen sich zwei Hauptpflichten der leistungsberechtigten erwerbsfähigen Person antreffen: Es ist sind dies die Pflichten zur
Teilnahme an einer Maßnahme
Schreiben von Bewerbungen
Soweit den hilfebedürftigen Personen durch das Erfüllen dieser Pflichten Kosten entstehen, sind diese durch kraft in die Eingliederungsvereinbarung aufzunehmende Regelung voll zu übernehmen. So ist beispielsweise die Verpflichtung des Hilfebedürftigen zur Bewerbung hinfällig, wenn diese Verpflichtung nicht mit einer entsprechenden Bewerbungskostenerstattungsregelung einher geht.
Folgen der Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben
Viele Hartz 4-Empfänger unterschreiben eine Eingliederungsvereinbarung, obwohl sie das eigentlich nicht möchten, weil sie Angst haben, dass das Jobcenter Ihnen Leistungen nicht auszahlt oder sperrt, oder ihnen eine Sanktion gibt. Hierzu ist festzustellen, dass die Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben, weder eine den ALG 2-Auszahlungsanspruch beeinflussen kann, noch eine Sanktion nach sich ziehen kann. Das Jobcenter kann im Fall einer Weigerung des Hilfebedürftigen die Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt erlassen. Der ALG 2-Empfänger kann dagegen Widerspruch einlegen. Es ist damit in Ordnung, wenn Sie als Empfänger von Hartz 4 eine Eingliederungsmaßnahme nicht unterschreiben.