Die arbeitsrechtliche Abfindung im Unterhaltsrecht
Bei der Berechnung, Durchsetzung und Abwehr von Unterhaltsansprüchen stellt sich hin und wieder die Frage, ob und inwieweit eine arbeitsrechtliche Abfindung im Lager des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen. Als Rechtsanwalt für Familienrecht bin ich bezüglich der Berücksichtigung von arbeitsrechtlichen Abfindung im Unterhaltsrecht zu folgenden Antworten gekommen.
Berücksichtigung der Abfindung beim Ehegattenunterhalt
Nach der Rechtsprechung des BGH im Urteil vom 18.04.2012, AZ.. XII ZR 65/10 gilt: Wenn bei nicht vorwerfbarem Verlust des Arbeitsplatzes der Unterhaltspflichtige nach dem Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung erhalten und er im Anschluss daran eine neue Arbeitsstelle mit dauerhaft geringerem Einkommen gefunden hat, so muss er die Abfindung bis zur Höchstgrenze des Bedarfs aufgrund des früheren Einkommens grundsätzlich für den Unterhalt zu verwenden.
Diese Rechtsprechung stellt zugleich die Abkehr von einer Entscheidung aus dem Jahr 2003 dar, wonach der mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundene Einkommensrückgang für den Unterhaltsberechtigten in Hinblick auf die sich wandelnden ehelichen Lebensverhältnisse hinzunehmen ist, und die Abfindung dem Vermögen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist. Nach derzeitigem Familienrecht füllt die Abfindung die durch den Arbeitsplatzverlust entstandene Einkommenslücke bis zum Eintritt in die Regelaltersrente auf. Ausnahmsweise bleibt damit die Abfindung bei der Unterhaltsberechnung unberücksichtigt, wenn der Unterhaltspflichtige eine Beschäftigung ohne Einkommensverlust findet.
Berücksichtigung der Abfindung beim Kindesunterhalt
Die Parallelentscheidung des BGH im Urteil vom 18.04.2012, AZ.: XII ZR 66/10 führte hinsichtlich der Berücksichtigung der Abfindung beim Kindesunterhalt aus: „Diese vornehmlich für den Ehegattenunterhalt aufgestellten Grundsätze gelten entsprechend auch für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs von Kindern nach der Düsseldorfer Tabelle. Denn vergleichbar mit dem Ehegattenunterhalt wird der Unterhaltsbedarf von wirtschaftlich nicht selbständigen Kindern regelmäßig vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgeleitet. (…)
Die für den Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zu Kindern geltenden unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten stehen jedenfalls bei minderjährigen Kindern nicht denjenigen im Verhältnis von Ehegatten nach. Daher darf der Unterhaltspflichtige die Abfindung in diesen Fällen auch gegenüber seinen Kindern nicht zur Vermögensbildung verwenden, sondern muss sie als Einkommen für den Kindesunterhalt einsetzen.“
Einzelfallbezogene Abweichungen sind zulässig
In beiden zitierten Entscheidungen hat der BGH klargestellt, dass eine anderweitige Berücksichtigung der Abfindung denkbar ist. Als Beispiele nennt der BGH „dauerhafte Arbeitslosigkeit oder aber nicht bestehenden Aussichten auf eine künftige Steigerung des Einkommens“. Die Berücksichtigung der Abfindung im Einzelfall liege nach den Entscheidungen des höchsten deutschen Zivilgerichtes im tatrichterlichem Ermessen bei dem Familiengericht.
Berücksichtigung der Abfindung beim Elternunterhalt
Zu der Frage, ob und inwieweit ein Unterhaltsschuldner eine Abfindung beim Elternunterhalt einzusetzen ist, fehlt höchstrichterliche Rechtsprechung, so dass es Aufgabe des Rechtsanwalts im Familienrecht ist, hier eine Lösung bereit zu stellen. Die Berücksichtigungsfähigkeit der Abfindung beim Ehegattenunterhalt wie beim Kindesunterhalt begründet der BGH damit, dass sich der Bedarf aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen ableitet.
Der angemessene Lebensbedarf von Eltern im Rahmen des Elternunterhaltes ergibt sich demgegenüber aus ihren eigenen Renteneinkünften. Bei Heimunterbringung gilt nach der Rechtsprechung des BGH in seinem Urteil vom 21. November 2012 – AZ.: XII ZR 150/10: „Der Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim untergebrachten Elternteils richtet sich regelmäßig nach den notwendigen Heimkosten zuzüglich eines Barbetrags für die Bedürfnisse des täglichen Lebens. Ist der Elternteil im Alter sozialhilfebedürftig geworden, beschränkt sich sein angemessener Lebensbedarf in der Regel auf das Existenzminimum und damit verbunden auf eine – dem Unterhaltsberechtigten zumutbare – einfache und kostengünstige Heimunterbringung.“
Diese vom Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt abweichende Bedarfsbeurteilung rechtfertigt beim Elternunterhalt die Außerachtlassung der Abfindung. Wenn die Abfindung des Unterhaltspflichtigen selbst beim Elternunterhalt unberücksichtigt bleibt, muss das erst recht geltend für Abfindung des Ehegatten des Unterhaltspflichtigen, also des Schwiegerkindes.
Fazit
Als Betroffener, dessen Abfindung beim Regress des Unterhaltes vom Sozialhilfeträger berücksichtigt wird, sollten sich Sie diese Unterhaltsberechnung prüfen lassen. Die Sozialhilfeträger versuchen meines Erachtens permanent, das Recht zu ihren Gunsten fortzubilden, indem sie für den Unterhaltspflichtigen ungünstige Rechtsansichten einnehmen und vor den Familiengerichten durchsetzen. Hiergegen sollte sich wehren, möglichst mit Hilfe eines Rechtsanwaltes für Familienrecht, besser noch eines Fachanwaltes für Familienrecht.