Haftung Pflegeheim Pflegedienst

Rechtsgebiet

Haftung des Pflegeheims bei Unfall, Dekubitus, Corona etc. - wichtigste Fakten vom Rechtsanwalt in Hannover 2021

Als Rechtsanwalt für Medizinrecht stehen wir Ihnen auch bei, wenn Sie oder ein Angehöriger Ansprüche aus fehlerhafter Pflege zu beurteilen haben. Ansprüche auf Schadenersatz und/oder Schmerzensgeld beruhen im Bereich der ambulanten und stationären Pflege auf

  • Behandlungsvertrag, Pflegevertrag, Betreuungsvertrag
  • Haftung aus unerlaubter Handlung

Wir prüfen für Sie, ob das Pflegeheim oder der Pflegedienst eine Verletzung des Behandlungsvertrages, Pflegevertrages, Betreuungsvertrages begangen haben und ob Ansprüche nach Deliktsrecht aus unerlaubter Handlung gegeben sind.

1. Was sind die Voraussetzung für eine Haftung für Pflegefehler?

Ein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld für Pflegefehler ist im Regelfall an folgende Voraussetzungen geknüpft:

  • Pflichtverletzung der Pflegekraft
  • Schaden der Pflegebedürftigen Person
  • Kausalität (Ursächlichkeit) der Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden
  • Verschulden, wobei einfache Fahrlässigkeit genügt

2.Was kommt als Pflegefehler in Betracht?

Eine Haftung des Pflegeheims oder des Pflegedienstes kommt immer dann infrage, wenn in dem Handeln einer Pflegekraft zu sehen, welches nicht dem aktuellen Pflegestandard bzw. dem aktuellen Stand der Pflegewissenschaft entspricht. An einen Pflegefehler ist zu denken bei

  • fehlerhafter Medikation
  • Dekubitus
  • Körperverletzung des Pflegebedürftigen
  • Sturz des Pflegebedürftigen
  • diversen unterlassenen Prophylaxemaßnahme

3.Wann kommt eine Haftung für Dekubitus in Frage?4

Unter Dekubitus ist das Wundliegen der Haut und des darunterliegenden Gewebes zu verstehen. Bettlägerige Personen sind insoweit besonders gefährdet. Ein Dekubitus kann unterschiedlich groß und tief werden. In den Wunden besteht ein großes Infektionsrisiko und sie verursachen starke Schmerzen. Ein Dekubitus lässt nach dem internationalen Klassifikationssystem in vier Kategorien einteilen. In der Kategorie I besteht eine nicht Wegdrückbare, umschriebene Rötung bei intakter Haut. Die Kategorie IV beschreibt einen Dekubitus mit totalem Gewebeverlust mit freiliegende Knochen, Sehnen und Muskeln.  Soweit Bewohner eines Pflegeheims oder ambulant von einem Pflegedienst gepflegte Personen einen Dekubitus erleiden, stellt sich die Frage, ob die verantwortliche Pflegeeinrichtung alle gebotenen Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe getroffen hat. Solche Maßnahmen können beispielsweise sein die richtige Lagerung bzw. Positionierung des Patienten, seine Mobilisierung, regelmäßiges Umlage an, Verwendung einer speziellen Dekubitusmatratze.

Die Pflegedokumentation spielt bei der Beurteilung der Behandlung des Dekubitus durch ein Pflegeheim oder einen Pflegedienst eine entscheidende Rolle. Aus dieser Musterprophylaxe bedarf zu erkennen sein. Aus dieser müssen auch die getroffenen Prophylaxemaßnahme zu erkennen sein.

Eine Haftung der Pflegeinrichtung auf Schmerzensgeld und Schadenersatz kommt in Betracht, wenn eine Prophylaxe nicht oder nicht ausreichend gemacht worden ist.

Die Zivilgerichte haben aufgrund unzureichender Dekubitusprophylaxe in der Vergangenheit Schmerzensgelder im fünfstelligen Bereich zugesprochen.

4. Wann haftet die Pflegeeinrichtungen bei Unfall und Sturz eines Bewohners?

Immer wieder kommt es vor, dass Bewohner eines Pflegeheims oder ambulanter Wohngruppen aus Fenstern stürzen und dabei erhebliche Verletzungen erleiden oder sogar sterben. Jedenfalls bei Bewohnern, die örtlich zeitlich, räumlich und/oder situativ desorientiert sind und eine Lauftendenz, Selbstgefährdung, nächtliche Unruhe oder sogar Sinnestäuschung aufweisen,  hat der BGH in aktueller Rechtsprechung mit Urteil vom 14. Januar 2021-III ZR 168/19 eine Haftung des Pflegeheims bejaht. Die Einrichtung habe die Pflicht, die ihr anvertrauten Bewohner vor Gefahren zu schützen, die sie nicht selber beherrschen. Welchen Inhalt diese Verpflichtung genau hat, ist in jedem einzelnen Fall zu ermitteln. Ein Bewohner mit den oben beschriebenen Einschränkungen darf jedenfalls nicht in einem Zimmer untergebracht werden, indem er das Fenster gut erreichen und öffnen kann. Liegen keine Hinweise für eine Selbstgefährdung vor, dann bestehen für die Pflegeeinrichtungen jedoch auch keine besonderen vorbeugenden Sicherungsmaßnahmen.

5. Wer trägt die Beweislast für Pflegefehler?

Spätestens in einem Schadensersatz – bzw. Schmerzensgeldprozess vor einem Zivilgericht stellt sich die Frage nach der Beweislast für das Vorliegen eines Pflegefehlers. Die Beweislast liegt dabei grundsätzlich bei dem Anspruchsteller. Dies ist bei Schmerzensgeld der Pflegebedürftige oder sein Erbe sein. Bei Schadensersatzansprüchen betreffend Heilbehandlung ist dies im Regelfall Sozialversicherungsträger aus übergeleitetem Recht.

Der Pflegedokumentation kommt in derartigen Situationen entscheidende Bedeutung zu. Eine unzulängliche, lückenhafte, unterlassene oder gar nachträglich manipulierte Dokumentation führt zu einer Beweiserleichterung oder auch zu einer Beweislastumkehr. Eine Beweislastumkehr wird nach der Rechtsprechung im Regelfall bejaht bei einem Ereignis im vollbeherrschbaren Risikobereich.

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