Familienrecht
Härtefallscheidung - das Wichtigste zur Scheidung ohne Trennungsjahr
Grundsätzlich ist bei einer Scheidung das Trennungsjahr einzuhalten. Die Härtefallscheidung bildet eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Sie wird deshalb auch Blitzscheidung genannt. Der Scheidungsantrag kann direkt nach Trennung gestellt werden. Erfahren Sie nachstehend das Wichtigste zur Härtefallscheidung von uns als Rechtsanwalt für Familienrecht in Hannover.
1. Was versteht man unter einer Härtefallscheidung?
Die Härtefallscheidung ermöglicht dem deutschen Scheidungsrecht als absolute Ausnahme die Scheidung der Ehegatten ohne Abwarten des Trennungsjahrs. Das Abwarten des Trennungsjahrs muss für eine die Ehegatten unzumutbar sein. Nur in besonders krassen Fällen Willen des Gesetzgebers ist eine Scheidung ohne Trennungsjahr möglich sein.
2. Wann ist eine Härtefallscheidung möglich?
Die Härtefallscheidung setzt nach der gesetzlichen Regelung in Paragraf 1565 Abs. 1, Abs. 2 BGB voraus:
- Trennung
- Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft ist nicht zu erwarten
- Trennungsjahrs ist für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, unzumutbar
Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber das Trennungsjahr grundsätzlich geschaffen hat, um die Ehegatten von einer übereilten Scheidung abzuhalten. Deshalb ist die Härtefallscheidung grundsätzlich als absoluter Ausnahmefall anzusehen.
Es muss Unzumutbarkeit vorliegen. Diese bezieht sich weder auf das Zuwarten mit dem Scheidungsantrag bis zum Ablauf der einjährigen Trennungsfrist, noch auf die Fortführung oder Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft selbst, sondern darauf, dass das bloße Fortbestehen des juristischen Ehebandes – also das “Weiter-miteinander-verheiratet-sein” – unzumutbar sein muss (BGH, NJW 1981, 449). Es sind insoweit strenge Anforderungen zu stellen.
3. Welche Gründe reichen für eine Härtefallscheidung aus?
Es gibt vielfältige Rechtsprechung zur Härtefallscheidung. In der Vergangenheit hat die Rechtsprechung in folgenden Fällen eine unzumutbare Härte bejaht:
- Morddrohungen gegenüber dem Ehegatten
- Schwangerschaft oder Kind aus neuer Beziehung
- langjähriger Drogenmissbrauch
- Aufnahme der Prostitution nach Trennung im Stich lassen es Hilfebedürftigen Ehegatten
- Misshandlung des anderen Ehegatten oder seiner Familienangehörigen
- schwerer Alkoholmissbrauch mit therapieresistent
- Verschweigen einer anzutretenden Haftstrafe
- schwerste Beleidigungen des anderen Ehegatten im Beisein der Kinder
- schwerste Bedrohung des anderen Ehegatten im Beisein der Kinder
- Unmöglichkeit des Geschlechtsverkehrs wegen Vorhautverengung
- Geisteskrankheit, sofern sie nicht schon bei Eheschließung vorhanden war
- sexuelle Perversion
- Geschlechtsverkehr mit der Stieftochter
- Unterschieben eines Kuckuckskinds
4. Welche Gründe reichen nicht für eine Härtefallscheidung aus?
In der Vergangenheit hat die Rechtsprechung nachstehende Gründe für eine Härtefallscheidung nicht ausreichen lassen:
- schlampiger Haushaltsführung
- körperlichen Angriff des anderen Ehegatten im Affekt
- Ehebruch
- grundlose Eifersucht
- neue Heiratsabsicht des anderen Ehegatten
- gefühlsloses Verhalten des anderen Ehegatten
- Verletzung der Unterhaltspflicht
- Scheinehe
- Verschwendung von Geld
- Depressionen aufgrund der Trennung
5. Welche Vor- und Nachteile bietet die Härtefallscheidung?
Der Vorteil der Härtefallscheidung ist, dass die Ehegatten sehr schnell geschieden werden können. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber. Der Anspruch auf Trennungsunterhalt wird verkürzt, weil die Trennungszeit kürzer ist. Die Ehezeit im Sinne des Versorgungsausgleichsrechts wird verkürzt, was zu einem geringeren Anspruch auf Versorgungsausgleich führt. Außerdem beendet die Stellung des Scheidungsantrages die zwischen den Ehegatten grundsätzlich bestehende Zugewinngemeinschaft. Das kann sich Vorteil oder Nachteil sein.
Zu beachten ist schließlich, dass derjenige Ehegatte, der die Härtefallscheidung beantragt, auch die Unzumutbarkeit beweisen muss. Kann also eine Beweisaufnahme erforderlich sein. Die Beweisaufnahme verlängert das Scheidungsverfahren. Es besteht insoweit ein Verfahrenskostenrisiko. Ist eine Unzumutbarkeit nicht gegeben, weist das Familiengericht den Scheidungsantrag ab. Der Antragsteller muss dann die Kosten tragen.
Des Weiteren ist nachteilig, dass ein durchzuführender Versorgungsausgleich die Härtefallscheidung verlangsamt. Die Abtrennung des Versorgungsausgleichs ist nur möglich, wenn der andere Ehegatte zustimmt. Wenn die Fronten verhärtet sind, wird diese Zustimmung nicht erteilt werden. Dann wird die Härtefallscheidung so lange dauern, wie ein normales Scheidungsverfahren.
6. Wann empfiehlt sich eine Härtefallscheidung?
Eine Härtefallscheidung ist ausschließlich anzuraten, wenn aus der Sicht eines objektiven Dritten sich die sofortige Scheidung der Ehegatten als einzig richtige Lösung präsentiert. Die Unzumutbarkeit eines „weiter miteinander verheiratet bleibens “ muss offenkundig sein. Es muss also richtig gekracht haben. Darüber hinaus sollte die Ehe nur von kurzer Dauer gewesen sein. Die Ehe ist von kurzer Dauer, wenn der Zeitraum von Heirat bis zur Zustellung des Scheidungsantrages nicht länger als 3 Jahre ist. Dann findet kein Versorgungsausgleich statt. Außerdem sollte offenkundig kein Anspruch auf Trennungsunterhalt des antragstellenden Ehegatten bestehen.
7. Praxistipp vom Scheidungsanwalt
Die Härtefallscheidung kann einen großen Aufwand bedeuten. Bestreitet der Antragsgegner das Vorliegen einer die Unzumutbarkeit, dann muss eine Beweisaufnahme durchgeführt werden. Dies kann zeitlich aufwendig werden. Zudem neigen Familiengerichte dazu, Anträge auf Härtefallscheidung zu verschleppen.
Potentielle Antragsteller sollten auch Alternativen zu dem Scheidungsantrag ohne Trennungsjahr prüfen. Solche Alternativen können Anträge nach dem Gewaltschutzgesetz, auf Zuweisung der Ehewohnung und auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge bei gemeinsamen Kindern sein.
Gern beraten und vertreten wir Sie hierzu als Scheidungsanwalt und Rechtsanwalt für Familienrecht.